Die heute sichtbare Festung folgt in ihrer Form dem ovalen Erdwall, der hier bereits in prähistorischen Zeiten als Verteidigungsanlage errichtet wurde. Die südliche Außenmauer mit zwei vorspringenden Mauertürmchen und gedecktem Wehrgang erstreckt sich vom westlich gelegenen Torturm an der Pforte bis zum halbkreisförmigen Turm im Osten. Der dahinterliegende Zwinger ist ein typisches Element mittelalterlicher Wehranlagen: Wenn es Angreifern gelang, die äußere Zwingermauer zu überwinden, waren sie im Zwinger eingekesselt und so ein leichtes Ziel für die Verteidiger im Wehrgang auf der Hauptmauer. In Friedenszeiten diente der Zwinger als Aufenthaltsort für Fremde und Schutzbedürftige.
Die gesamte Burganlage wird vom imposanten, bereits von weitem sichtbaren Bergfried überragt. Die nach Süden gerichtete, aus Venedig stammende Loggia beeindruckt mit einer eleganten mittleren Rundbogensäule aus dem 14. Jhdt. und einem herrlichen Fernblick Richtung Wien. Daneben befindet sich der sogenannte Gaden, der als Vorratsgebäude ebenso wie als Schlafkammer diente. Im Westen wurde die Burg vor Angreifern durch den tiefen Burggraben und die Zugbrücke geschützt, die hochgeklappt das Burgtor und den Zugang zum dahinter liegenden Zwinger verschloss. Ebenfalls zu Verteidigungszwecken wurden der Westteil der Burg sowie der rechteckigen Bergfried in einem spitzen Winkel zum Tor errichtet: So konnten feindliche Geschosse die Mauern nicht frontal treffen, sondern prallten an den schrägen Flächen wirkungslos ab. Harmonisch fügen sich der gotische Glockenturm sowie die Burgkapelle mit dem eindrucksvollen Rundbogenfenster des Orgelchores in den westlichen Burgabschnitt ein.
Neben seiner Schutzfunktion birgt der Burggraben von Kreuzenstein ein besonderes Geheimnis: In ihm befindet sich der Eingang zu einem unterirdischen Gang, der zur Zeit des Wiederaufbaus in den bestehenden Felsen gehauen wurde, um daraus Baumaterial zu entnehmen. In einer Höhle am Anfang des so entstandenen Stollens hängt an der verrußten Decke ein außergewöhnliches Exponat, das sowohl an die Jagdleidenschaft des Erbauers von Kreuzenstein erinnert als auch an seine Polarexpedition anno 1872: Die gigantischen knöchernen Überreste eines Grönlandwals. Der Stollen wurde ausgebaut und dient als 200m langer Fluchtweg Richtung Donau.
Steht man im äußeren Burghof, so befindet sich im westlichen Bau die Gesindestube, welche zur Verpflegung und Unterbringung des Personals sowie einfacher Gäste diente. Östlich des Torturmes befinden sich die Rossknechtkammer und die Pferdestallungen. Durch den äußeren Burghof gelangt man durch einen Spitzbogen in den architektonisch besonders beeindruckenden Kern der Burganlage, den inneren Burghof, der vom Saalbau des Palas sowie von Nordwestturm, Kapelle, Bergfried und Gaden umrahmt wird.
Über dem Spitzbogen, der die beiden Höfe verbindet, verläuft der sogenannte Kaschauer Gang, dessen prächtige gotische Arkaden und Maßwerkbrüstungen vom Orgelchor des Doms der Heiligen Elisabeth im ostslowakischen Košice (Kaschauer Dom) stammen. Weitere charakteristische Elemente des inneren Burghofes sind die mächtige alte Linde, die von Graf Johann Nepomuk Wilczek bei der Wiedererrichtung der Burg persönlich gepflanzt wurde, sowie der überdachte, 60m in die Tiefe reichende Ziehbrunnen, dessen Gehäuse und Heberad aus Venedig stammen. Beim Freilegen des alten Schachtes wurde ein jüdischer Grabstein aus dem 13. Jahrhundert geborgen. Die Hofmauer schmücken ringsum dekorative Elemente wie mittelalterliche Steinplastiken, Grabdenkmäler und Ziersteine. Die an der Mauer angebrachten historischen Eisenringe erinnern wiederum an die Funktion der Burg als Verteidigungsanlage und Wehrbau sowie an ein zentrales Element ritterlicher Lebensweise: Sie dienten zum Anbinden der Pferde.